Bern, Januar 2024 / Pressemitteilung zum Wildschadengutachten 2023 der Berner Waldbesitzer
Die gesamte Gesellschaft ist betroffen, wenn der Wald nicht nachwachsen kann! Das neue Wildschadengutachten des Kantons Bern zeigt eine weitere Verschlechterung einer seit langer Zeit drastischen Wildschadensituation. Die zusätzliche, neue Aufnahmemethode bestätigt, dass auf rund 50% der Waldfläche klimataugliche Baumarten kaum bis gar nicht aufwachsen wegen überhöhter Wildbestände. Der Verband der Berner Waldbesitzer fordert eine Abkehr der bisherigen Art und Weise, wie der Kanton darauf reagiert: Es müssen langfristige und klare Ziele für tiefere Schalenwildbestände festgelegt werden, um die dringend benötigten Verbesserungen der Wildschadensituation endlich zu erreichen.
Weitere Verschlechterung der Situation
Im Wildschadengutachten 2023, welches heute vom Kanton Bern veröffentlicht wurde, zeigt sich der drastisch schlechte Zustand unser Berner Wälder auf Grund der Schalenwildbestände. Rote und Orange Zonen haben gegenüber der Erhebung vor 2 Jahren noch einmal zugenommen. In diesen Zonen mit kritischem sowie untragbarem Wildeinfluss können keine klimatauglichen Baumarten aufwachsen. Manche Baumarten, wie die Weisstanne, sind in vielen Gebieten nicht mehr vorhanden. Im Klartext heisst das: Es liegen schwerwiegende ökologische Schäden vor. Die Waldleistungen wie Schutz vor Naturgefahren sowie die öffentlichen Investitionen in den Wald werden wortwörtlich weggefressen. Die neue Untersuchungsmethode zeigt auch, dass in vielen Regionen die Schäden hinsichtlich der klimatauglichen Baumarten sogar noch grösser sind. Die dringend nötige Anpassung der hiesigen Wälder an den Klimawandel ist damit verunmöglicht. Die bisher getroffenen Massnahmen der zuständigen Umweltdirektion sind offensichtlich nicht ausreichend, um eine messbare Verbesserung auf der Fläche zu erzielen.
Der Handlungsbedarf ist zwar erkannt, aber wird sich wirklich etwas ändern?
Der Berner Grossrat hat den Handlungsbedarf erkannt: Mit der Annahme zweier Motionen im Jahr 2023 ist Regierung aufgefordert, die nötigen Massnahmen zu treffen, um das Waldgesetz (WaG Art. 13 sowie Waldverordnung Art. 20) nicht länger zu brechen und damit standortsgerechte Baumarten wieder aufwachsen können. Aus den Reihen der Waldbesitzer forderte Grossrat Bernhard Riem die Regierung auf, in einer Wald-Wild-Strategie aufzuzeigen, bis wann und mit welchen Mitteln eine Verbesserung erzielt werden soll. Die Schalenwildbestände müssen an die langfristigen Ansprüche des Waldes und an das öffentliche Interesse an der Walderhaltung angepasst werden.
Forderung der Waldbesitzer: Langfristige Planung mit Erfolgskontrolle
Die Wald-Wild-Strategie muss der Öffentlichkeit und den WaldbesitzerInnen aufzeigen, wie sich die Situation nachhaltig verbessern wird. Die bisherigen jagdlichen Massnahmen werden alle 2 Jahre geplant, mit dem Fokus auf die aktuellen Wildbestände. Für den Verband der Berner Waldbesitzer BWB ist dies unzulänglich: Der Kanton Bern muss klare und langfristig gesenkte Bestandesziele verfolgen. In Gebieten, wo die Schäden bisher in tragbaren Grenzen sind, muss präventiv gearbeitet werden. Die Schäden im Wald sind zu gross, dass der bisherige Status-Quo der Massnahmen ausreicht, auch wenn in der letzten Jagdsaison soviele Hirsche geschossen wurden, wie bisher noch nie. Dies bedeutet vor Allem auch, dass die Rotwildbestände so gross sind, wie noch nie zuvor. Der Wald benötigt ein Verjüngungsfenster von mindestens 10 bis 15 Jahren (im Gebirge doppelt so lange), damit die klimaangepassten Jungpflanzen nachwachsen.
Gefährdete Waldleistungen = Gefährdete Bevölkerung
Die unhaltbare Wildschadensituation gefährdet sämtliche Waldleistungen und betrifft somit die ganze Öffentlichkeit. Neben der Gefährdung der Biodiversität im Ökosystem Wald und der Holzproduktion, geht es auch um die Schutzwaldfunktion. Letztere ist von grösster Bedeutung. Genau dort wo ganze Landstriche unbewohnbar werden, wenn der Wald nicht vor Hangrutschen, Lawinen oder Murgängen schützt, hat sich das Rotwild derart stark ausgebreitet. Und dies nicht einfach letztes Jahr: Es ist bereits mindestens ein Jahrzehnt vergangen, dass der Wald nicht nachwächst. Das forstfachliche Auge sieht die Schäden an fehlenden Baumarten deutlich. Die Schutzfunktion des Waldes im Kanton Bern wird auf rund 10 Mia. Franken berechnet. Eine Abwägung, ob die hohen Wildtierbestände wertvoller sind als die Schutzwaldfunktion, ist absolut fehl am Platze. Doch der Zahn der Zeit nagt weiter am Wald und an den Nerven der tausenden von betroffenen WaldbesitzerInnen: Es sind bereits Jahrzehnte vergangen, ohne Verbesserungen.
Die Hälfte der Waldfläche im Kanton Bern mit Wald-Wild-Konzepten?
Was am Medienanlass am 24.01.2024 seitens WEU als zielführende Massnahmen zur Verbesserung der Wildschadensituation präsentiert werden, sind diejenigen Waldflächen, wo das BAFU den Kanton zum Handeln zwingt. Diese bereits gestarteten und aufwändigen Projekte, sogenannte Wald-Wild-Konzepte, zeigen also, dass es allerhöchste Zeit ist, die Wildtierbestände anzupassen. Die WWKs signalisieren somit wo die WEU ihre Aufgabe, das Waldgesetz einzuhalten, nicht wahrgenommen hat. Zudem sind Erfolge durch die Konzepte keineswegs garantiert! Bis sich die Wildschadensituation bessert, dürfen nicht nochmals Jahrzehnte vergehen!
Medienkontakt:
Beat Zaugg, Präsident Berner Waldbesitzer
beat.zaugg@bernerwald.ch
Tel: 079 258 78 03
Anja Leser, Geschäftsführerin Berner Waldbesitzer
gf@bernerwald.ch
Tel: 078 859 28 19